Während draußen ein Sturm tobt und der Winter seinem Höhepunkt entgegenklirrt, braut sich im Büro ein publizistischer Wirbelwind zusammen, den viele von Ihnen sicher kennen: Geschäftsberichte (auf Englisch „annual reports“). Die Monate Januar und Februar sind sozusagen die Hauptsaison, in dieser Zeit erstellen die meisten Unternehmen ihre Geschäftsberichte beziehungsweise beauftragen Agenturen mit der Produktion. Der Geschäftsbericht ist im Grunde der vierte Quartalsbericht, er schließt buchhalterisch das Jahr ab.
Auch heuer sitze ich wieder zwischen Bilanz und Imagestrecke, gehe Zahlen und Schreibweisen auf Deutsch wie auf Englisch durch. Stimmt das Format der Datumsangaben? Sind die Korrekturanmerkungen des Kunden gut umgesetzt? Die Arbeit an Geschäftsberichten bedeutet oft Stress pur: Öffnet sich ein Zeitfenster, heißt es volle Konzentration bis zum Limit. Aber trotz allen Termindrucks: Die Arbeit an Texten aus dem Bereich Wirtschaft & Finanzen macht riesigen Spaß, auch weil sich damit für mich ein Kreis schließt (alles begann mit einer Ausbildung bei der Dresdner Bank hier in München Mitte der neunziger Jahre). Im Unterschied zu kunstvollen, kreativen Gedichten habe ich bei informativ-sachlichen Texten aus dem Bereich Wirtschaft & Finanzen das Gefühl, mich statt im Elfenbeinturm „am Puls der Zeit“ zu befinden. Wirtschaft ist nun mal eine der Grundlagen für Wohlstand. Wenn Notenbanken Zinssätze nur minimal ändern, hat dies mitunter gewaltige Auswirkungen auf ganze Volkswirtschaften. Ein einzelnes Wort kann einen Trend in Gang setzen oder stoppen – eine faszinierende Aufgabe für ein Lektorat. Die Arbeit an Fondsmagazinen, Finanznewslettern und Geschäftsberichten ist jedoch durchaus „tricky“. Einmal weil es kaum gute Nachschlagewerke gibt. Und zum anderen weil die Sprache hier sehr speziell ist. Heißt es „Anstieg des Euro“ oder „des Euros“? Handelt es sich um eine „Rally“ oder „Rallye“? Sprechen wir von einer „Gewinn- und Verlustrechnung“ oder von einer „Gewinn-und-Verlust-Rechnung“? Schreibt sich der asiatische Finanzplatz „Shanghai“ oder eingedeutscht „Schanghai“? Viele dieser Fragen sind mit einem raschen Blick in die gängigen Nachschlagewerke nicht zu beantworten.
Gefragt ist also Know-how, das sich aus der Erfahrung speist. Internationale Sachverhalte prüfe ich auf www.wsj.com, bei nationalen Angelegenheiten vertraue ich auf www.faz.net. Kurse checke ich auf www.bloomberg.com. Und bei Schreibweisen wie „Soll-Haben-Rechnung“ vertraue ich www.duden.de, www.dwds.de sowie den wunderbaren Online-Nachschlagewerken www.wirtschaftslexikon.gabler.de und www.gabler-banklexikon.de.